Bauphysik Hintergrundwissen | a-energen GmbH
Im Allgemeinen ist Bauphysik der Bereich der Physik, der sich auf die gebaute Umwelt bezieht. Verschiedene Aspekte kommen hier zusammen, darunter Wärme, Luft, Feuchtigkeit, Schall- und Brandschutz.
Physikalische Prozesse, die eindeutigen physikalischen Gesetzen unterliegen, geschehen um uns ganz selbstverständlich und mitunter so, dass wir sie nicht intuitiv verstehen können. Die Ausbreitung von Schall ist wahrnehmbar, jedoch nicht konkret nachvollziehbar; hingegen ist die Bewegung von Luft für uns als Wind konkreter nachzuvollziehen.
Die Bauphysik ist seit jeher ein wichtiges Thema in der Architektur und dem Bauingenieurwesen. Oft haben sich Typologien der gebauten Umwelt durch simples Testen und Verbessern entwickelt, die an gewisse klimatische und umweltrelevante Bedingungen optimal angepasst waren. Vernakuläre - am Ort entstandenen - Strukturen nutzen Materialien aus der direkten Umgebung und entwickeln Formen, die im Gebäude eine maximale Behaglichkeit und Anpassung an bauphysikalische Prozesse erzeugen – passiv und ohne technische Hilfsmittel.
Da wir in der Baubranche vermehrt mit Verordnungen und Nachweisen konfrontiert sind und komfortable sowie energieeffiziente Gebäude heute mehr denn je technisch äußerst anspruchsvolle Projekte darstellen, ist das Verständnis der bauphysikalischen Prozesse im Gebäudeinneren relevant zur Vermeidung gesundheits- oder bausubstanzschädigender Probleme sowie zur Herstellung einer komfortablen Raumsituation. Passive, bewährte Maßnahmen, die ohne dauerhaften Energieeinsatz funktionieren, sind auch heute noch fähig, Immobilien an die Umwelt anzupassen. Zusätzlich gibt es mittlerweile viele Maßnahmen, die technische Komponente erfordern und problematische Bereiche oder Extremwerte der Außentemperatur kompensieren.
Die Gebäudedämmung
Klimadaten Deutschlands zeigen, dass wir es mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von circa 10°C zu tun haben. Die angenehm warmen Tage (ab 20°C) sind häufig auf drei Monate im Sommer begrenzt. Dies hat zur Folge, dass wir Innenräume die meiste Zeit des Jahres erwärmen müssen und somit Heizenergie benötigen. Leichte Konstruktionen oder ungedämmte Außenwände führen zu einem großen Verlust der Wärmeenergie durch Wärmetransmission und somit zu einer schnellen Auskühlung der Räume. Die Fassadendämmung ist daher ein essentieller Bestandteil der thermischen Gebäudehülle und trägt maßgeblich zum Energiebedarf bei.
Relevant für den Komfort ist jedoch nicht nur die Lufttemperatur, die bei 21 – 23°C am angenehmsten empfunden wird, sondern auch die Temperatur der umgebenden Oberflächen. Das liegt daran, dass Menschen neben der Konvektion auch durch Wärmestrahlung mit der Umgebung interagieren und unser Körper Wärme über Strahlung an kalte Oberflächen auch ohne Berührung abgibt. Die Konsequenz einer hohen Lufttemperatur mit niedrigen Oberflächentemperaturen ist, dass der Innenraum als kälter empfunden wird, als er eigentlich ist und die Lufttemperatur zum Ausgleich weiter erhöht wird. Auch eine spürbare Luftbewegung wird durch das Abkühlen an den Außenwänden initiiert und führt zu Zugerscheinungen. Eine Asymmetrie der Oberflächentemperaturen im Raum oder die Entstehung von „Kälteseen“ ist ein häufiges Problem in schlecht gedämmten Gebäuden und eine unangenehme Erfahrung für den Nutzer.
Zudem sind auch in modernen Gebäuden Wärmebrücken durch geometrische Schwachstellen oder Materialübergänge immer noch Probleme, die durch unfachmännische Bauarbeiten zu Mängeln führen können. Hier sei ganz vorrangig der Schimmelbefall im Bereich konstruktiver Wärmebrücken wie Raumecken oder Fensterlaibungen zu nennen.
Jedes Baumaterial hat eine spezifische Wärmeleitfähigkeit, die pro Zentimeter Schichtdicke oder Lage angegeben wird. Diese lässt sich mit der umgesetzten Schichtdicke oder Lagigkeit verrechnen und führt zum Wärmedurchgangswiderstand. Sein Kehrwert ist der der Wärmedurchgangskoeffizient U, der sogenannte „U-Wert“, der für ein gesamtes Bauteil errechnet wird. Ist der U-Wert niedrig, ist die Dämmwirkung hoch. So lässt sich also mit einer erhöhten Materialstärke ein positiver Einfluss auf die Dämmwirkung nehmen. Aber auch der Einsatz poröser, sehr leistungsstarker Dämmmaterialien wie Mineral- oder Holzwolle, Styropor o.ä. führt zu einem besseren Dämmergebnis aufgrund der geringeren Wärmeleitfähigkeit. So kann je nach Planung die Dämmung einer Immobilie konventionell mit dicken Lagen oder sehr fein unter Verwendung modernster Materialien und Einbauprozesse ausgeführt werden.
Lüftung, Luftqualität und Luftfeuchtigkeit
Der Mensch benötigt Luft zum Atmen und damit ist Luft ein essentieller Bestandteil unseres Lebens, ein echtes „Lebensmittel“. Luft ist ein Gasgemisch aus 76% Stickstoff, 21% Sauerstoff und einem kleinen Anteil anderer Gase sowie Wasserdampf. Der Mensch nimmt durch die Atmung Sauerstoff auf und gibt Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf ab. „Verbrauchte“ Luft ist also immer verbunden mit einem niedrigen Sauerstoff- und einem erhöhten Kohlenstoffdioxidgehalt sowie einer erhöhten Luftfeuchtigkeit. Unter Umständen entsteht auch einer Geruchsbelastung durch diverse Geruchsquellen wie Menschen, Essen, Geräten oder ausdampfenden Möbeln und Materialien. Eine Lüftung durch Öffnungen in der Hülle ist daher notwendig, um einen hygienische Luftwechsel zu erreichen. Für Büros spricht man meist von drei- bis sechsfachem oder für Großküchen von zwanzig- bis dreißigfachem Austausch des gesamten Luftvolumens pro Stunde. Diese Werte müssen durch effektives Lüften über die Fenster oder durch eine Lüftungsanlage herbeigeführt werden. Quer- und Stoßlüftung sollte bei der manuellen Lüftung immer der Kipplüftung vorgezogen werden, da so ein bis zu zwanzigmal schnellerer Luftaustausch stattfinden kann und in der Heizperiode weniger Wärmeenergie verloren geht.
Dass die Luft im Innenraum von sehr guter Qualität sein sollte, ist besonders bei geistiger Tätigkeit spürbar, da das Gehirn mit zu wenig Sauerstoff- bzw. zu hohen Kohlendioxidanteilen schlecht arbeitet. So führt eine zu hohe Kohlenstoffdioxidkonzentration neben Kopfschmerzen und Müdigkeit in schlimmeren Fällen zu Atemnot und Kreislaufbeschwerden. Die Pettenkofer-Grenze beispielsweise gibt einen CO2-Referenzwert von 1.000 ppm (parts per million) an, der nicht dauerhaft überschritten werden soll – dieser entspricht etwa der 2,5-fachen Menge des Kohlenstoffdioxidgehalts der Außenluft. Trotzdem ist es in Schulräumen, Kinosälen oder nachts in einem geschlossenen Schlafraum nicht unüblich, dass dieser Grenzwert um ein vielfaches überschritten wird. Die manuelle Lüftung über Fenster scheint also nicht immer optimal machbar zu sein, obwohl gute Luft für unser Wohlbefinden grundlegend wichtig ist. Eine mechanische Lüftung durch Lüftungsanlagen ist eine Maßnahme in neuen, luftdichten Immobilien, um den Nutzer bei der notwendigen Lüftung zu unterstützen. Jedoch sollte eine dauerhaft betriebene Lüftung mit einem Wärmetauscher ausgestattet sein, der die Wärmeenergie zwischen Zu- und Abluft transportiert und damit energiesparend wirkt.
In Luft ist immer auch ein Teil Wasser gelöst, die Luftfeuchtigkeit. Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Die absolute Luftfeuchtigkeit der Luft kann in Gramm pro Kubikmeter (g/m³) angeben werden. Zu jeder Lufttemperatur gibt es eine maximal aufnehmbare Wassermenge, die Wasserdampfsättigung. Will man die vorhandene Menge mit der maximal möglichen gelösten Menge in Relation setzen, spricht man von der relativen Luftfeuchtigkeit und gibt sie in Prozent (%) an. Anhand von Diagrammen kann die Veränderungen der relativen Luftfeuchte bei Änderung der Lufttemperatur nachvollzogen werden. Kühlt man eine 20°C warme Luft mit einer relativen Luftfeuchte von 50% (realistische Werte der winterlichen Innenraumluft) auf 12,6°C herunter, erreicht man eine relative Luftfeuchte von > 80%. Bei einer Temperatur von weniger als 9 °C erreicht die relative Luftfeuchte 100%. Das bedeutet, dass die Luft keinen Wasserdampf mehr aufnehmen kann und Kondensation eintritt – am sogenannten Taupunkt. Die geschieht nicht selten an den Innenoberflächen schlecht gedämmter Außenbauteile. Vereinzelte Bauschimmelarten treten ab einer relativen Luftfeuchte von 70 % auf, ab 80% fast alle übrigen. Befindet sich also Kondensat an den Rauminnenoberflächen, ist die beste Grundlage für einen dauerhaften Schimmelbefall gegeben.
Bei einer Außenwand ist es wichtig herauszufinden, wo der Taupunkt innerhalb der Konstruktion erreicht wird, wie viel Wasser anfällt und wohin es abtransportiert werden kann. Ansonsten kann es durch die Dauerdurchfeuchtung zu schwerwiegenden Problemen mit Schimmelbefall kommen. Auch sollte generell darauf geachtet werden, dass im Winter die relative Luftfeuchtigkeit in Innenräumen nicht zu hoch ist, da bei höheren relativen Luftfeuchten derselbe Effekt bereits bei höheren Oberflächentemperaturen eintritt. Wäsche sollte daher nicht in der Wohnung getrocknet werden und nach dem Kochen, Duschen und Schlafen ist die gesamte Wohnung gut zu lüften.
Konstruktive Wärmebrücken können trotz guter Dämmung an einzelnen Stellen eine niedrige Oberflächentemperatur herbeiführen. Vor allem in geometrisch schwierigen Bereichen, d.h. in Raumecken und Fensterlaibungen, findet sich häufig das Problem der schnelleren Auskühlung. Eine genaue Detailplanung und punktuelle Sanierung kann nachträglich derartige Stellen optimieren. Fenster und Fenstertüren mit hohen U-Werten weisen an kalten Tagen ebenfalls offensichtlichen Tauwasserausfall auf, sichtbar durch Wassertropfen entlang des Rahmens. Diese Wärmebrücken sind jedoch durch den Austausch und wärmebrückenfreien Einbau von neuen Fenster leicht zu beheben.
Schallschutz
Durch Geräusche entstehen Schallwellen, die sich in der Luft und in Materialien ausbreiten. Die kugelförmige Ausbreitung in der Luft führt dazu, dass Schall nicht richtungsgebunden ist und dreidimensional die gleiche Distanz in gleicher Zeit zurücklegt. In Bauteilen führt eine Erschütterung oder ein Geräusch ebenfalls zu einer Ausbreitung, jedoch eher durch die Schwingung eines Materials. Schritte auf dem Boden oder Musik können diese Ausbreitung in einem Gebäude verursachen. Wohnt man in einem Mehrparteienhaus, hört man ab und an seine Nachbarn. Aber auch in Hotels oder Büros kann die Geräuschkulisse zum Problem werden. Um die Belastung durch Schall innerhalb einer Immobilie in Grenzen zu halten, gilt es, Anforderungen des Schallschutzes einzuhalten. Diese variieren je nach Nutzung und sind verbindliche Werte.
Zu unterscheiden sind grob Körper- und Luftschall. Der Körperschall ist den meisten in einer Variante als „Trittschall“ bekannt. Generell beschreibt er den Schall, der durch Erschütterung der Bauteile erzeugt und durch sie hindurch übertragen wird und so als Schwingung sehr gut in andere Resonanzräume gelangt. Hier helfen dämmende Materialien, die die Schallübertragung durch Entkopplung verhindern und generell Ausführungen, die Berührungspunkte minimieren, z.B. der sogenannte „schwimmende Estrich“.
Der Luftschall hingegen breitet sich im Innenraum aus und muss durch die Anregung der Oberflächen an Bauteile abgegeben werden. Töne mit tiefer Frequenz sind eher in der Lage, eine Bauteilschwingung zu erzeugen. Musik, vor allem mit lauten Bässen, oder lautes Sprechen können also Ursachen sein. Gegen diese Art der Übertragung gibt es eine Vielzahl Bauteile und -materialien, die als raumakustische Elemente Verwendung finden. Sie arbeiten meist mit der Umwandlung von Schallenergie in Wärme. Porosität von Oberflächen, Brechung von Schallwellen und Ablenkung im Inneren eines Materials führen zur Streuung der Energie und somit zu Absorption. Solche Decken- und Wandpaneele sind in Großraumbüros oder Sälen heute nahezu Standardausstattung. In sogenannten „schallharten“ Räumen können sich Schallwellen andererseits ungehindert ausbreiten und werden solange reflektiert, bis ihre Energie derart abnimmt, dass sie nicht mehr zu hören sind. Eine lange Nachhallzeit entsteht, die in manchen Umgebungen gewünscht sein kann (z.B. Kirchen), in anderen zu vermeiden ist (z.B. Konzerthaus, Besprechungsräume), da so simultan mehrere Geräuschzustände wahrnehmbar werden und vor allem die Sprachverständlichkeit gemindert wird.
Unsere Leistungen für Sie
Als Bauingenieure mit Spezialisierung auf Energiekonzepte und Sanierung sind wir bestens vertraut mit bauphysikalischen Zusammenhängen und deren Einflüssen auf Immobilien. Vor allem in großen oder komplexen Gebäuden sind die Relationen unterschiedlicher Schadensbilder genauestens zu betrachten und müssen verstanden werden. Ein spezialisierter Begleiter sollte herangezogen werden, um schnell und präzise die Ursachen zu finden und reagieren zu können.
Wir begutachten Schadensfälle, die mit Schimmel, Feuchte und Behaglichkeitsdefiziten in Verbindung stehen und geben unabhängige Empfehlungen für Sanierungsmaßnahmen. Weiterhin erstellen wir Sanierungsfahrpläne und ermitteln genauer die Angemessenheit unterschiedlicher Optionen zur Optimierung Ihrer Immobilie. Bis zur Detailplanung und Bauleitung stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Am Ende steht für uns das Ziel eines in sich funktionierenden Organismus, der in seinen komplexen physikalischen Prozessen optimiert ist und so ressourcen- und energiesparen betrieben werden kann.
Bei Wunsch nach Beratung, Gutachten oder Sanierungsplanung kontaktieren Sie uns bitte hier unverbindlich.
a-energen GmbH, 14.03.2018